Im ausgehenden 18. Jahrhundert erleben die Kunsttischlerei und die Schreinerei im Elsass eine Blütezeit. Arbeitsorganisation und Qualität der Produktion sind strengen Zunftregeln unterworfen. Ein Handwerksgeselle, der die Meisterschaft erlangen will, muss ein „Meisterwerk“, häufig einen Schrank, zimmern, um seine Kunstfertigkeit zur Schau zu stellen. Im späten 16. Jahrhundert (1571) wird eine neue Regel eingeführt, der zufolge Aufbau und Proportionen des Schrankes die Säulenordnungen des Vitruv, eines römischen Baumeisters aus dem 1. Jahrhundert nach Chr., befolgen müssen. Die Meisterwerke liefern die stilistischen Elemente, auf denen sich der elsässische Schrank gründet und weiterentwickelt.
Der Schrank, der die Jahreszahl 1604 trägt und im Schloss der Grafen zu Rappoltstein in Ribeauvillé (Rappoltsweiler) stand, setzt das vitruvianische Architekturmodell kongenial um. Der mit 26 Säulen geschmückte Schrank ruht auf einem glatten Sockel. Er ist mit verschiedenen Holzarten furniert, darunter Ulmenwurzel, die Marmor imitiert. Das einem italienischen Renaissance-Palast nachempfundene Möbel drückt damit auch den Reichtum seines Besitzers aus. In der Folge bevorzugen die elsässischen Kunsttischler zunehmend einfachere Formen für Schränke, die sich mit sieben Säulen begnügen oder einteilig sind. Zudem nehmen sie zunehmend französische Vorbilder und Einflüsse auf, vorwiegend aus Paris und Versailles.
Referenz
Nussbaum, Eiche, Ahorn, Eberesche, Speierling, Obstbaum, Metall
Jahr : Nach 1604
Maße : Höhe 240 cm; Breite 264 cm; Tiefe 81 cm
Status : 1869 erworben